Tages-Anzeiger, 16. Februar 2004

Kein Moratorium: Neue Golfplätze dürfen gebaut werden

Die Golf- Branche kritisiert den Kanton: Es würden zu wenig Bewilligungen für neue Anlagen erteilt. Baudirektorin Dorothée Fierz widerspricht.

Von Walter Sturzenegger

Der Golfsport boomt. Der Schweizerischen Golfverband ( ASG) zählt heute 44 700 Mitglieder in 84 Klubs. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder und Klubs mehr als verdoppelt. Hinzu kommen gegen 9000 Spieler, die keinem Klub angehören. Sie sind im 1998 gegründeten Verein unabhängiger Golfer ( ASGI) organisiert, der vor fünf Jahren erst wenige Hundert Golfer auf seiner Mitgliederliste führte. Wer Golf spielt, will dies vermehrt in der Nähe seines Wohn- und Arbeitsortes tun. Kein Wunder, wurden in den letzten Jahren um die Wirtschaftsmetropole Zürich am Laufmeter Golfplätze projektiert. Zu den bestehenden sechs Anlagen im Kanton Zürich kamen seit 1990 sechs neue hinzu ( Grafik). Ennet der Kantonsgrenze, aber immer noch nahe der Stadt, wurden drei weitere neue Plätze eröffnet. In jüngster Zeit erlitt die Golf- Branche allerdings einen Dämpfer. Gleich zwei Vorhaben scheiterten: Die Projekte für 18- Loch- Anlagen in Mönchaltorf und auf dem Pfannenstiel überstanden die Vorprüfung durch den Kanton nicht.

Golfplatzgegner an der Macht?

Die Initianten verstehen die Welt nicht mehr. Die kantonalen Ämter argumentierten widersprüchlich, kritisiert Dirk Hoppe, Promoter des Mönchaltorfer Projektes. Zum einen werde der Golfplatz abgelehnt, weil das heute ausgeräumte Kulturland der Landwirtschaft erhalten werden solle. Zum andern werde dem Projekt vorgeworfen, es verhindere eine ökologische Vernetzung. Hoppe wird vom Gemeinderat Mönchaltorf unterstützt, der von einer « wenig hilfreichen Stellungnahme der Baudirektion » schreibt. Franz Scherrer, Projektleiter für das Vorhaben auf dem Pfannenstiel, vermutet gar, der Kanton wolle « keine weiteren Golfplätze mehr » .

Und Landschaftsplaner Heinrich Grob, Berater bei beiden Projekten, kann keinen Unterschied ausmachen zwischen den jetzt negativ beurteilten Plänen und dem 1995 eingeweihten Golfplatz Goldenberg im Weinland, bei dessen Bau er ebenfalls beteiligt war. Haben in den kantonalen Ämtern fundamentalistische Golfplatzgegner die Macht übernommen, wie man in der Golf- Branche kritisiert? « Der Kanton war früher unkritisch » , sagt Ernst Kistler, Geschäftsfüh- Prarer des Zürcher Vogelschutzes ( ZVS). Beim Projekt Goldenberg beispielsweise sei rasch Zustimmung signalisiert worden. Heute diskutierten die involvierten Ämter Projekte intensiver und versuchten, eine gemeinsame Position zu erarbeiten. « Das ist ein Reifeprozess » , kommentiert Kistler, « der hoffentlich Bestand hat. » Baudirektorin Dorothée Fierz will nichts wissen von einer verschärften xis. « Der Kanton hat seine Haltung nicht geändert. » Alle Projekte würden « mit gleicher Elle gemessen » . Seit 1997 seien fünf Golfplätze positiv beurteilt worden, zwei davon, die Projekte Eschenmosen ( Bülach) und Rossberg ( Winterthur), 2003. « Neue Golfplätze sind weiterhin möglich » , sagt Fierz. Diese müssten aber nicht nur Vorgaben des Richtplans, von Natur- und Landschaftsschutz und bezüglich landwirtschaftlicher Nutzung erfüllen, sondern auch mit « den Interessen breiter Bevölkerungskreise » in Einklang stehen.

« Eindeutig öffentliche Interessen »

Die Projekte Mönchaltorf und Pfannenstiel seien nicht an denselben Kriterien gescheitert, stellt die Baudirektorin klar. Der Golfplatz Mönchaltorf hätte der Landwirtschaft 75 Hektar « allerbestes Kulturland » entzogen und dem Natur- und Landschaftsschutz « zu wenig Rechnung getragen » . Beim Projekt Pfannenstiel sei ausschlaggebend gewesen, dass die « grösste unversehrte Geländekammer an exponierter Lage am rechten Zürichseeufer » betroffen wäre. Gegen das Projekt sprächen damit « eindeutig öffentliche Interessen » .

Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Golfplatzprojekt realisiert werden kann, soll schon bald klarer werden. Baudirektion und Volkswirtschaftsdirektion erarbeiten derzeit ein Strategiepapier, das unabhängig von einem konkreten Projekt alle für die Golfplatzplanung bedeutenden Aspekte auflistet - eine Orientierungshilfe, die dazu beitragen soll, dass nicht in chancenlose Projekte investiert wird.

Vogelschutz gegen Migros- Projekt

Wie nötig ein solcher Kriterienkatalog ist, zeigt sich am Beispiel des neusten Projektes. Oberhalb von Wädenswil plant die Migros einen 80 Hektar grossen Public- Golfplatz. Die Migros hat in den letzten Jahren in der Schweiz vier Golfparks gebaut, einen davon im Furttal bei Otelfingen. « Der Raum Zürich ist unterversorgt » , begründet Thomas Busin, Leiter Klubschulen und Freizeitanlagen, die Pläne für Wädenswil. Der Markt verkrafte « fünf bis sechs zusätzliche Golfanlagen » . Busin gibt sich « absolut optimistisch » , dass das Projekt in Wädenswil realisiert werden kann.

Genauso überzeugt, dass dies nicht gelingt, ist ZVS- Geschäftsführer Ernst Kistler. « Wir werden opponieren » , kündigt er an. « Die Landschaft oberhalb von Wädenswil ist mindestens so schutzwürdig wie jene auf dem Pfannenstiel. »